Es wird nicht so recht ersichtlich, was der gute Herman eigentlich mit diesem Machwerk bezweckte. Denn Moby-Dick ist von ebenso eigentümlicher Natur, wie sein Schöpfer. Der schwadroniert zunächst über Hunderte von Seiten, preist den Walfang als die höchste aller Erwerbstätigkeiten und ergeht sich in ausschweifenden Sachbeschreibungen der Ausrüstungsgegenstände, der Personen an Bord und schließlich auch der Natur des "Walfischs", wobei dessen Einordnung in die Welt der Fauna einem auf fehlendem Wissen beruhenden Unsinn gleichkommt. Die wild zusammengewürfelten "Auszüge" zeugen nicht gerade von einer wisenschaftlich fundierten Beschäftigung mit dem Sachgegenstand, sind aber eine amüsante Ergänzung, wenn auch reichlich viele ihrer Art.
Der eigentliche Kampf mit dem Wal, auf den der Leser sich mühsam vorarbeitet, ist schnell vorbei, wonach die Erzählung ebenso abrupt endet, wie sie schleichend angefangen hat. Aber was gibt es da auch noch zu sagen?
Nichtsdestotrotz: Moby-Dick ist ungeachtet der Verherrlichung des Walfangs eine interessante Ansammlung historischen Zeitgeschehens und lässt die elende und harte Arbeit auf dem Walfänger lebendig vor unseren Augen erscheinen. Auch wenn seitenlang in Beschreibungen abgeschweift wird, die irgendwann früher oder später auch den zähesten Leser zermürben: Das Buch ist es trotzdem wert, einmal gelesen zu werden. Danach darf man es aber ruhigen Gewissens für immer im Regal stehen lassen.
Fazit: Was macht den Roman aus? Ich kanns beim besten Willen nicht sagen. Aber man sollte ihn gelesen haben.
Herman Melville: Moby-Dick (orig.: Moby-Dick; Or, The Wale). Aus dem Amerikanischen von Thesi Mutzenbecher und Ernst Schnabel. Mit einem Essay von W. Somerset Maugham. Zürich: Diogenes 1977.