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Mittwoch, 1. September 2010

Michael Chrichton: Endstation

"Ein faszinierender, erstklassig recherchierter Thriller!" schreibt der New Yorker diesem Buch hinten in den Klappentext. Und das Life Magazine sagt: "Absolut fesselnd!"

Ich habe mich allerdings schon sehr bald nach Beginn der Lektüre gefragt, ob irgendjemand von diesen Lobhudlern überhaupt jemals einen Blick in dieses Buch geworfen hat. Oder liegt hier eine Verwechslung vor? Es kann unmöglich ernsthaft dieses Buch gemeint sein! Oder wurden die Rezensenten bestochen?

Dieses Buch ist mit Abstand das Schlechteste, was ich dieses Jahr gelesen habe! Blasse und unsympathische Charaktere, eine miese Recherche mit etlichen Fehlern...und besonders eine absolut unglaubwürdige, hirnrissige, logisch nicht nachvollziehbare Handlung, die einen zur Verzweiflung treibt.

Es geht eigentlich in dem Buch (vorgeblich) um den ethischen Konflikt, den die Fortentwicklung der Biotechnologie und Neurochirurgie mit sich bringt: Ist es rechtens, Menschen mit besonders starken psychologischen Störungen, wie z. B. in diesem Fall unkontrollierbaren Aggressionsausbrüchen, zu helfen, indem man ihnen bestimmte elektronische Zusätze in den Körper, insbesondere das Gehirn, implantiert (oder sie, abgesehen vom spezifischen Fall im Buch, mit anderen Mitteln ruhig stellt, die uns die moderne computergesteuerte Biotechnologie liefert).

Natürlich - das ist absehbar und wird deshalb auch schon im Klappentext verraten - geht bei der Implantation der Steuerelektroden im Gehirn des Patienten Benson (so heißt der Bösewicht der Story) etwas schief (wie überraschend!) und nun läuft ein unkontrollierbar aggressiver Mensch durch L. A. (da fällt er doch gar nicht weiter auf, weil er nur einer unter vielen ist).

Ab diesem Punkt wird die Story nur noch lächerlich: Anstatt die Polizei den Verrückten wieder einfangen zu lassen (die Polizei macht keinen Finger krumm!), macht sich die komplette Riege von Chefärzten (!) der Neurochirugischen Abteilung der Klinik auf die Suche nach dem Patienten. Natürlich gehen dabei alle getrennte Wege, damit es auch gefährlich wird. Wird es aber eigentlich gar nicht, Pustekuchen! Es wird nur albern.

Besonders, als der böse Patient dann wieder zum Ausgangspunkt seines Dilemmas zurückkehrt: in die Klinik (aber in den Keller). Da fährt die Psychologin Ross mit dem coolen Typen Anders mit dem Fahrstuhl in den Keller - in Begleitung zweier Polizeibeamten.

Jetzt kommt der Hit: Als die beiden dann mit dem Verrückten konfrontiert werden - ist von beiden Polizeibeamten plötzlich keine Spur mehr. Das gibt´s doch nicht, dachte ich. Ich blätterte zurück. Hatte ich irgendwo die Stelle überlesen, wo die Beamten sagen: "Tut uns leid, wir hauen ab. Wir machen jetzt Mittag." - ???!!! - Ich las die letzten Seiten noch einmal. Ergebnis: Nö! Die sind einfach nicht mehr da! Werden mit keiner Silbe mehr erwähnt. Sind einfach verschwunden! UNGLAUBLICH!!!
Na gut, es wäre sonst auch kaum spannend geworden. Jetzt aber sind die Beiden alleine mit dem Verrückten im Keller. Und es wird trotzdem nicht spannend. Wir wissen es genau, wie die Geschichte ausgeht. GÄHN!

Fazit: Ich habe den begründeten Verdacht, Crichton hat hier einen Haufen pickliger Praktikanten als Ghostwriter schreiben lassen, während er sich auf seinen Erfolgen ausgeruht hat. Und dann hat er vergessen, gegenzulesen. Peinlich!

[edit:] So war es nicht. Crichton hat das Machwerk während seines Studiums (Medizin!) geschrieben. Allerdings ist es erst später veröffentlicht worden, als der Mann einen Namen hatte. Es handelt sich dabei aber wohl eher um ein unfertiges Dokument. Daher sind auch die Klappentextlobhudeleien ein schlechter Witz. [/edit]

Michael Crichton: Endstation (orig.: Terminal Man). Aus dem Amerikanischen von Alfred Hans. München: Goldmann, 1999.

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